Ist es Ihnen schon passiert, dass Sie sich im Internet über das Wetter informieren wollten und einige Tage später eine Werbung des Autos Ihrer Träume angezeigt wird – und das nicht nur auf einer Seite, sondern gleich an mehreren Stellen?
Nein, dies ist kein Zufall. Diese gezielte Ausrichtung wird durch verhaltensorientierte Werbung ermöglicht. Einige Tage oder Wochen zuvor haben Sie im Internet wahrscheinlich eine Seite besucht, die Ihrem Lieblingswagen gewidmet ist, oder auf eine Anzeige für diesen Wagen geklickt. Abfragen in Suchmaschinen, Klicks und andere Informationen werden analysiert, um Werbung anzeigen zu können, die Sie interessieren könnte.
Seit einigen Jahren erfreut sich diese Art von Werbung bei den Werbetreibenden einer immer größeren Beliebtheit. Sie wirft jedoch viele Fragen bezüglich der Privatsphäre und des Datenschutzes auf.
Die Öffentlichkeit wurde auf diese Problematik aufmerksam, als die EU-Kommission im April 2009 nach mehreren Beschwerden britischer Internetnutzer ein Verfahren gegen Großbritannien eingeleitet hat, das sich gegen die Nutzung einer Werbetechnologie richtet, die unter den Internetdienstanbietern als „Phorm“ bekannt ist. In diesem Zusammenhang erklärte Viviane Reding: „Technologien wie die verhaltensorientierte Internetwerbung können für Unternehmen und Verbraucher interessant sein, aber sie müssen in einer Weise genutzt werden, die mit den EU-Vorschriften in Einklang steht. Diese Vorschriften dienen dem Schutz der Privatsphäre der Bürger und müssen von allen Mitgliedstaaten rigoros durchgesetzt werden“.
Die EU-Arbeitsgruppe für Datenschutz („Artikel 29“-Gruppe) hat jüngst zu den EU-Regeln für verhaltensorientierte Werbung im Internet Stellung genommen.
Die verhaltensorientierte Werbung – worum handelt es sich?
Verhaltensorientierte Werbung („Behavioural advertising“) basiert auf der kontinuierlichen Beobachtung des Verhaltens eines Internetnutzers auf mehreren Webseiten.
Sogenannte „Werbenetzwerke“ (die Inserenten und Website-Betreiber miteinander verbinden) platzieren ein „Cookie“ auf dem Computer des Benutzers, wenn dieser zum ersten Mal eine Webseite besucht, die Mitglied des Werbenetzwerks ist. In diesem Fall spricht man von „third party cookies“, weil sie von einer dritten Seite platziert werden, die nicht mit dem Website-Betreiber identisch ist. Bei einem neuerlichen Besuch auf der gleichen Seite (oder beim Aufrufen einer anderen Mitgliedsseite des Werbenetzwerks) wird der Benutzer durch den zuvor abgespeicherten Cookie erkannt. Nach mehreren Besuchen kann das Werbenetzwerk bereits ein spezifisches Profil des Benutzers auf der Grundlage seines Online-verhaltens erstellen (besuchte Webseiten, Interaktion mit anderen Nutzern, Stichwörter, Inhalte, ...) und diese Informationen zur Anzeige von Werbung nutzen, die auf den Nutzer zugeschnitten ist.
Notwendigkeit einer aktiven Einwilligung des Nutzers
Das Dokument der Artikel 29-Gruppe ruft insbesondere in Erinnerung, dass Werbenetzwerke, die über „Cookies“ funktionieren, die neuen EU-Regeln im Bereich der Privatsphäre im Elektronikbereich beachten müssen. Die sogenannte „ePrivacy“-Richtlinie verpflichtet die werbetreibenden Unternehmen dazu, die vorherige aktive Einwilligung des Nutzers einzuholen,bevor sie „Cookies“ auf deren Rechner installieren („Opt-in“-Grundsatz).
Bislang wird dem Benutzer beim Installieren der fraglichen „Cookies“ auf seinem Rechner nicht erklärt, zu welchem Zweck die Speicherung erfolgt. Jeder Website-Betreiber müsste aber eine solche Erklärung auf seiner Internet-Seite zur Verfügung stellen. In der Praxis wird der Nutzer quasi dazu gezwungen, die Speicherung von „Cookies“ standardmäßig zu erlauben, ohne deren genauen Nutzen zu kennen. Um den Benutzer nicht durch ständige Fragen zur Speicherung von „Cookies“ zu belästigen, haben die meisten Benutzer ihre Internet-Browser so eingereichtet, dass alle „Cookies“ standardmäßig auf ihrem Rechner gespeichert werden.
In diesem Zusammenhang fordert die „Artikel 29“-Gruppe Werbenetzwerke und Browser-Anbieter dazu auf, einfache und wirksame Mechanismen anzubieten, um dem Benutzer die aktive Zustimmung zu verhaltensorientierten Werbung im Internet zu ermöglichen.
Klare und vollständige Information des Nutzers
Es ist sehr wichtig, dass die Betroffenen von den Werbenetzwerken und Website-Betreibern vollständig über die Verwendung ihrer Daten informiert werden. Eine bessere Kommunikation gegenüber dem Benutzer würde es diesem ebenfalls eine größere Kontrolle über seine Spuren im Netz erlauben und es ihm ermöglichen, aktiv zu entscheiden, ob sein Internet-Verhalten gespeichert wird oder nicht.