Der Grundsatz der Notwendigkeit impliziert zunächst, dass ein für die Verarbeitung Verantwortlicher nur dann auf eine Videoüberwachungsanlage zurückgreifen darf, wenn es keine alternativen Mittel gibt, die die Privatsphäre der betroffenen Personen weniger stark beeinträchtigen, um den angestrebten Zweck zu erreichen.
Der Grundsatz der Datenminimierung im Bereich der Videoüberwachung bedeutet ferner, dass ein Videoüberwachungssystem, wenn es installiert ist, nur das filmen darf, was zur Erreichung des verfolgten Zwecks bzw. der verfolgten Zwecke unbedingt erforderlich erscheint („angemessene, relevante und auf das Erforderliche beschränkte Daten“), und dass die Verarbeitungsvorgänge im Hinblick auf diesen Zweck nicht unverhältnismäßig sein dürfen.
Zur Veranschaulichung wird in Abschnitt 4.5 ein Überblick über Gebiete gegeben, in denen die CNPD der Ansicht ist, dass ein Videoüberwachungssystem problematisch sein könnte oder nicht. Die Situation sollte jedoch von Fall zu Fall analysiert werden, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Videoüberwachung zu prüfen, insbesondere im Hinblick auf Kriterien wie z. B. die Art des Ortes, der mit Videoüberwachung überwacht werden soll, seine Situation, seine Konfiguration oder seine Anwesenheit.
4.1. Eingeschränktes Sichtfeld von Kameras, die Zugänge im Innen- oder Außenbereich oder in der Umgebung eines Gebäudes oder Standorts filmen
Kameras, die dazu bestimmt sind, einen Zugangsort (Eingang und Ausgang, Schwelle, Veranda, Tür, Markise, Halle usw.) zu überwachen, müssen ein Sichtfeld haben, das sich auf die Fläche beschränkt, die unbedingt erforderlich ist, um Personen zu sehen, die sich auf den Zugang vorbereiten. Kameras, die Außenzugänge filmen, dürfen nicht die gesamte Breite eines Bürgersteigs, der gegebenenfalls entlang des Gebäudes oder der angrenzenden öffentlichen Straßen verläuft, visieren.
Ebenso müssen Außenkameras, die in der Nähe oder in der Nähe eines Gebäudes installiert sind, so konfiguriert sein, dass sie weder die öffentliche Straße noch die Umgebung, Eingänge, Zugänge und Innenräume anderer benachbarter Gebäude erfassen, die möglicherweise in ihr Sichtfeld fallen.
Je nach Standortkonfiguration ist es manchmal unmöglich, eine Kamera zu installieren, die einen Teil der öffentlichen Straße, die Umgebung, die Eingänge, den Zugang und die Innenräume anderer Gebäude nicht in ihr Sichtfeld einschließen würde.[1] In einem solchen Fall ist die CNPD der Ansicht, dass der für die Verarbeitung Verantwortliche Maskierungs- oder Unschärfetechniken einführen muss, um das Sichtfeld auf sein Eigentum zu beschränken.
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[1] Beschluss27FR/2021 der nationalen Datenschutzkommission vom 15. Juli 2021, Rn. 47-49.
4.2. Permanente und kontinuierliche Überwachung
- Überwachung Nicht-Angestellter
Eine ständige Überwachung von Nicht-Angestellten ist nicht immer zulässig. Die CNPD hält es beispielsweise für unverhältnismäßig, das Innere eines Speisesaals mit Esstischen zu filmen. Gleiches gilt für die Terrasse oder den Tresen eines Cafés. Auch wenn an solchen Orten ein gewisses Risiko von Diebstahl oder Vandalismus bestehen könne, würden die anwesenden Kunden dauerhaft der Videoüberwachung unterliegen, wenn sie ein Restaurant oder ein Café als Treffpunkt wählten, um eine gute Zeit bei einer Mahlzeit zu verbringen, sich zu unterhalten oder zu entspannen. Kunden, die sich für einen längeren oder kürzeren Zeitraum an einem solchen Ort aufhalten, müssen berechtigterweise erwarten können, in diesen privaten Momenten nicht gefilmt zu werden. Die Verwendung von Kameras im Speisesaal, einschließlich der Esstische, kann das Verhalten jedes Kunden, der an einem Tisch sitzt, filmen und für die Kunden, die sich während ihrer gesamten Anwesenheit im Restaurant beobachtet fühlen, zu Unbehagen oder sogar psychischem Druck führen. Eine solche ständige Überwachung ist daher als unverhältnismäßig zum angestrebten Zweck anzusehen und stellt einen Eingriff in die Privatsphäre des Kunden dar.
- Überwachung der Arbeitnehmer
Am Arbeitsplatz haben Arbeitnehmer grundsätzlich das Recht, nicht ständig überwacht zu werden.
Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bedeutet nämlich, dass der Arbeitgeber die Überwachungsmittel einsetzen muss, die die Privatsphäre des Arbeitnehmers am stärksten schützen. Die Einhaltung dieses Grundsatzes erfordert, dass beispielsweise eine automatische und kontinuierliche Überwachung der Arbeitnehmer vermieden werden muss.
So könne z. B. der Betreiber eines Restaurants seine Beschäftigten nicht unter Berufung auf den Schutz seines Eigentums in der Küche überwachen. Die Arbeitnehmer würden fast ständig einer Videoüberwachung unterzogen, und es ist offensichtlich, dass eine solche Überwachung einen nicht unerheblichen psychischen Druck auf die Arbeitnehmer ausüben kann, die sich beobachtet fühlen und wissen, dass sie beobachtet werden, zumal die Überwachungsmaßnahmen im Laufe der Zeit fortbestehen. Gleiches gilt z. B. für die Videoüberwachung des Innenraums eines Büros, eines offenen Raums oder einer Werkstatt, in der ständig ein oder mehrere Arbeitnehmer arbeiten. Eine ständige Überwachung gilt als unverhältnismäßig zum angestrebten Zweck und stellt einen übermäßigen Eingriff in die Privatsphäre des an seinem Arbeitsplatz beschäftigten Arbeitnehmers dar. In diesem Fall müssen die Grundrechte und Grundfreiheiten der Arbeitnehmer Vorrang vor den berechtigten Interessen des Arbeitgebers haben.
Um eine ständige und kontinuierliche Überwachung zu vermeiden, sollte der für die Verarbeitung Verantwortliche das Sichtfeld der Kameras auf die zur Erreichung der verfolgten Zwecke erforderliche Fläche beschränken.
So kann beispielsweise die Kameraüberwachung einer Kasse eines Geschäfts den Zweck haben, das Eigentum des für die Verarbeitung Verantwortlichen vor Diebstahl durch seine Mitarbeiter oder einen Kunden/Nutzer zu schützen und die Sicherheit seines Personals zu gewährleisten. Um jedoch die Privatsphäre der Mitarbeiter nicht zu beeinträchtigen, muss die Kamera so konfiguriert werden, dass die Mitarbeiter hinter einem Kassenschalter nicht ins Visier genommen werden, indem ihr Sichtfeld auf die Kasse selbst und die Vorderseite des Schalters, d. h. den Wartebereich der Kunden vor dem Schalter, gerichtet wird, um beispielsweise die Identifizierung der Täter zu ermöglichen.
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4.3. Überwachung der Leistungen und/oder des Verhaltens der Arbeitnehmer
Die CNPD ist der Ansicht, dass die Videoüberwachung nicht dazu verwendet werden sollte, das Verhalten und die Leistung der Mitarbeiter des für die Verarbeitung Verantwortlichen außerhalb der Zwecke, für die sie eingerichtet wurde, zu beobachten.
So hat ein Arbeitgeber das Recht, Bilder eines Arbeitnehmers zu verwenden, der einen Warendiebstahl begeht und die aus einem Videoüberwachungssystem stammen, das zu einem Zweck des Eigentumsschutzes verwendet wird. Er ist jedoch nicht berechtigt, die Kamera zu benutzen, um festzustellen, dass ein Arbeitnehmer zu lange mit einem Kunden oder einem Arbeitskollegen plaudert, und anschließend die Aufzeichnungen als Beweismittel zu verwenden, um Disziplinarmaßnahmen gegen diesen Arbeitnehmer zu ergreifen. Dies stelle einen durch die DSGVO verbotenen Zweckmissbrauch dar.
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4.4. Orte, die den Arbeitnehmern für den privaten Gebrauch vorbehalten sind
Die CNPD ist der Ansicht, dass Überwachungskameras keine Orte filmen sollten, die für den privaten Gebrauch der Arbeitnehmer reserviert sind oder die nicht für die Erfüllung von Arbeitsaufgaben bestimmt sind, wie z. B. Toiletten, Umkleideräume, Raucherbereiche, Ruhebereiche, der Raum, der der Personaldelegation zur Verfügung gestellt wird, Küche/Küche usw.
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4.5. Beispiele für Videoüberwachungsbereiche
Die nachstehenden Beispiele für Bereiche sind zusammen mit den Abschnitten 4.1 bis 4.4 zu lesen und zu betrachten.
A. Bereiche, in denen die Installation einer Videoüberwachung grundsätzlich verhältnismäßig ist:
- alle Arten des Zugangs, wobei die Sichtfelder der Kameras auf die Fläche beschränkt werden, die unbedingt erforderlich ist, um Personen zu visualisieren, die sich auf den Zugang vorbereiten. Die Kameras dürfen nicht auf öffentliche Straßen oder nicht benötigte Bereiche gerichtet sein, auch nicht indirekt.
- Lagerräume für Waren / Vorräte / Lagerhallen / Lagerhallen oder Lagerhallen (es sei denn, es werden ständig Mitarbeiter eingesetzt, die im Lager arbeiten, wie z. B. Lagerarbeiter);
- Verkaufsflächen eines Geschäfts / Regale eines Geschäfts / einer Einkaufspassage / eines Ausstellungsraums / eines Verkaufs- und Beratungsraums (ausgenommen ständige Arbeitsplätze hinter einem Schalter);
- Parkplatz (innen/außen/unterirdisch);
- Liefer- oder Beladebereiche/Liefer- und Entladedocks;
- ein EDV-Raum/ein Serverraum;
- eine automatische Fahrzeugwaschanlage / ein Carwash;
- eine Zapfsäule;
- einen Safe / einen gesicherten Raum / die Schränke der automatischen Gepäckaufbewahrung;
- Räume für Geldtransporte / ein Geldtransporter;
- technische Anlagen oder Produktionsmaschinen (sofern keine Dauerarbeitsplätze gefilmt werden);
- den Technikraum eines Gebäudes/einen Wartungsraum/einen Zählerraum einer Eigentumswohnung;
- Archivräume;
- Geldautomaten / Bankautomaten.
B. Bereiche, in denen die Installation einer Videoüberwachung grundsätzlich unverhältnismäßig ist:
- eine öffentliche Straße / ein Bürgersteig (mit Ausnahme von Ausnahmen, die von der spezifischen Konfiguration des Ortes abhängen; das Sichtfeld darf jedoch nur einen äußerst begrenzten Teil der öffentlichen Straße umfassen);
- das Innere eines Verbraucherbereichs eines Restaurants, einer Gaststätte, eines Nachtclubs usw. (Verpflegungsraum, Essenstheke, Terrasse, Kantine/Cafeteria usw.);
- das Innere einer Restaurantküche;
- der private Eingang zu einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus;
- benachbartes Grundstück oder Gebäude;
- das Innere eines Büros mit einem ständigen Arbeitsplatz;
- einen Ruhe- oder Aufenthaltsraum;
- das Innere eines Wellnessbereichs (Sauna, Liegestühle usw.)
- Trainingsbereiche in einem Fitnessstudio;
- Toiletten/Sanitäranlagen/Duschen;
- ein Büro der Personalvertretung oder dessen Zugang (wenn es nur zu diesem Büro führt);
- eine Küchenzeile;
- ein Raucherbereich;
- eine Garderobe/ein Schließfachraum/eine Umkleidekabine;
- Werkstatt einer Garage/Werkstatt für die Montage und Demontage von Reifen/Werkstatt für die Produktion/Werkstatt;
- den Friseurbereich eines Friseursalons;
- der Spielbereich einer Kinderkrippe.
C. Bereiche, in denen die Verhältnismäßigkeit einer Videoüberwachung von den Umständen des Einzelfalls und den zur Gewährleistung des Schutzes der Privatsphäre ergriffenen Maßnahmen abhängt
Die Videoüberwachung der nachstehend aufgeführten Bereiche kann in bestimmten Fällen zulässig sein, in anderen nicht. Ob die Videoüberwachung solcher Bereiche verhältnismäßig ist oder nicht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, z. B. von der Art, der Lage oder der Konfiguration des Ortes, der Art der Tätigkeit des für die Verarbeitung Verantwortlichen und den mit dieser Tätigkeit verbundenen Risiken usw. Sie hängt auch von den Maßnahmen ab, die der für die Verarbeitung Verantwortliche ergriffen hat, um die Videoüberwachung so zu gestalten, dass die Privatsphäre der betroffenen Personen weniger beeinträchtigt wird (z. B. Einschränkung des Sichtfelds der Kameras, Einsatz von Maskierungs-/Weichzeichen-Techniken usw.). Der für die Verarbeitung Verantwortliche muss eine Einzelfallanalyse durchführen.
- die Umgebung eines Gebäudes;
- einen Warteraum;
- Schalter;
- Empfangsschalter/Empfangsschalter;
- Kassen;
- einen Kassenzählraum / einen Geldbearbeitungsraum;
- Gemeinschaftsbereiche eines Gebäudes, das sich in Miteigentum befindet;
- der Spielplatz einer Schule (und Umgebung);
- ein Schwimmbad;
- Dach eines Gebäudes;
- ein Besprechungsraum.
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4.6. Die Verarbeitung von Tönen im Zusammenhang mit den Bildern
Eine Überwachung mit Videokameras darf sich nur auf Bilder ohne Ton beziehen. Denn das Live-Hören sowie die Tonaufzeichnung in Verbindung mit den Bildern macht die Videoüberwachung noch eindringlicher und ist als unverhältnismäßig anzusehen.